Volksstimme Halberstadt vom 08.01.2019
Der Kammermusikverein Halberstadt ist am Sonntagabend mit dem Kulturpreis der Stadt Halberstadt gewürdigt worden. Anlass der Ehrung ist das 50-jährige Bestehen des Kreises engagierter Kunstfreunde.
Besser hätte der Kammermusikverein Halberstadt sein 50-jähriges Bestehen nicht feiern können.
Musiker von internationalem Renommee – das Gewandhaus-Quartett und der Konzertpianist Peter Rösel – gestalteten am Dreikönigstag ein Konzert mit großer Strahlkraft im Halberstädter Ratssaal.
Das erste Jubiläumskonzert war Glanzstücken aus dem reichen Oeuvre romantischer Musik gewidmet. Jedoch vor der bravourösen und musikalisch intensiven Wiedergabe Schumann‘scher und Schubert‘scher Kompositionen erfolgte die Auszeichnung des Kammermusikvereins mit dem Kulturpreis der Stadt Halberstadt.
In seinem Grußwort sagte Oberbürgermeister Andreas Henke (Linke) unter anderem: „In den vergangenen 50 Jahren wurden dem Publikum Konzerte geboten, die Herzen und Sinne berührt haben. Der Kammermusikverein verpflichtete einzigartige Künstler und Musiker von Weltruhm. Diese Konzerte trugen den Namen unserer Stadt weit über die Grenzen hinaus.“
Zu den Ehrengästen des Abends gehörten neben prominenten Vertretern des kulturellen Lebens der Stadt auch der mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnete Gründer und Ehrenvorsitzende des Kammermusikvereins, Hans-Ulrich Sauer.
Einen besonderen Dank richtete der aktuelle Vereinsvorsitzende, Hartmut Wettges, an die Förderer des Vereins, beispielsweise die Stiftung des Ostdeutschen Sparkassenverbandes, die Harzsparkasse und die Harzer Volksbank. So konnte Hartmut Wettges Michael Ermrich, Präsident des ostdeutschen Sparkassenverbandes, und den aktuellen wie ehemaligen Vorstand der Harzsparkasse, Wilfried Schlüter und Werner Reinhardt, im Rathaussaal begrüßen.
Peter Rösel eröffnete den Abend mit Franz Schuberts beliebtesten Werken für Klavier, den Impromptus. Der Starpianist aus Dresden spielte die Impromptus opus 142, Nr.2 und opus 90, Nr. 4 , beide in As-Dur, ohne Pause, um deren Gesamteindruck nicht zu beeinträchtigen.
Herausforderung brillant gemeistert
Die Charakterstücke, die am Ende der Wiener Klassik den Beginn einer neuen musikalische Form ankündigen, stehen, ganz im Gegensatz zu ihrem Namen („Improvisation“, „Augenblicklicher Einfall“), für einen riesigen Facettenreichtum an Klangfarben und dynamischen Unterschieden. Peter Rösel meisterte diese Herausforderung mit brillanter Spielfreude.
Nachdem einmal der Weg in die Tonkunst der Romantik gewiesen war, folgten das Klavierquintett Es-Dur op. 44 von Robert Schumann und das Streichquintett C-Dur op. post. 163 D 956 von Franz Schubert.
Die Quintette, die zum Schönsten romantischer Kammermusik gehören, wurden vom Gewandhaus Streichquartett in der Besetzung Frank-Michael Erben (1. Voline), Yun-yin Cho (2. Violine), Anton Jivaev (Viola) und Jürnjacob Timm (Violoncello) als Gast sowie Andreas Timm und Peter Rösel (Schumann) interpretiert.
Komposition von Schubert subtil wiedergegeben
Zunächst erklang das Schumann‘sche Werk, mit dem der Komponist die Gattung des Klavierquintetts begründete.
Den Charme des Werkes macht neben seiner künstlerischen Bedeutung als ein „Referenzwerk der Gattung“ auch der Fakt aus, das es 1843 im Leipziger Gewandhaus seine Uraufführung erlebte.
Peter Rösel war den Streichern bei der intensiven, Kraft und Energie ausstrahlenden Interpretation der Komposition ein kongenialer Partner.
Nach der Pause erklang das wunderbare Streichquintett C-Dur op. post. 163 D 956 von Franz Schubert, eines seiner letzten Werke. Die ebenso bravouröse wie subtile Wiedergabe der Komposition im Halberstädter Ratssaal unterstrich nachhaltig, dass das Streichquintett C-Dur op. post. 163 nicht nur eines der bedeutendsten Werke Schuberts ist, sondern dass die Kammermusik hier bereits sinfonische Dimensionen erreicht. Ungewöhnlich bereits die Besetzung. Während die meisten Streichquartette die Bratschen verdoppeln, wählte Schubert zwei Celli, die völlig unabhängig voneinander geführt werden.
Das Gewandhaus-Quartett holte sich als zusätzlichen Cellisten Andreas Timm, stellvertretender Solocellist des Konzerthausorchesters Berlin, um dieses Schwanken zwischen „Apathie und Lebenskraft, zwischen Trauer und Trost“ zu gestalten. Genussvoll war für die Halberstädter Zuhörer insbesondere der zweite Satz, „das ganz entrückte Adagio“ mit seinen Pizzicatotönen des zweiten Cellos, den punktierten Rhythmen der ersten Geige und dem in sich kreisenden Klanggeflecht der drei Mittelstimmen (2. Violine, Bratsche und 1. Violoncello).
Joachim Kaiser, der Musikkritiker, sagte über das Werk: „Vor Franz Schuberts Streichquintett in C-Dur verneigen sich alle Menschen, denen Musik, Kammermusik gar, etwas bedeutet …. Es ist rätselhaft, und es ist vollendet.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.
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